Stellungnahme
Stellungnahme zu "Gemeindetags-Chef Steffen Jäger: Kommunen erfüllen Erwartungen nicht mehr"
Gemeindetagspräsident schlägt Alarm – für wen?
Klappern gehört bei Lobbyverbänden zum Geschäft. Ungewöhnlich, dass sich der Gemeindetagspräsident Steffen Jäger in einem offenen Brief an die Bürger von Baden-Württemberg wendet. Was treibt ihn dazu?
Jäger sieht die Stabilität der Demokratie in Gefahr, wenn die Politik den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr gerecht wird. „Die Kommunen sind trotz eines riesigen Kraftaufwandes nicht mehr in der Lage, das zu leisten, was die Bevölkerung von ihnen erwartet“. Wie sieht es also aus, mit der Regelung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft? Die Kommunen kommen immer mehr unter Druck, die Krisenlasten werden auf sie und damit auf die Bürger abgewälzt. Aktuell muss die Landesregierung den Kommunen vorzeitig finanzielle Mittel bereitstellen, damit sie überhaupt noch liquide sind. Angesichts der existenziellen Krise des imperialistischen Systems, der maximalen Angriffe auf Arbeitsplätze und die Sozialsysteme kein Wunder. Also wäre Ursachenforschung angebracht. Was funktioniert nicht im System? Doch bei Jäger steht das System außerhalb jeder Kritik. Von dessen Segnungen müssen die Massen überzeugt werden. Vordergründig schiebt er die Sorgen um fehlende Kitaplätze - immerhin fehlen bundesweit 400.000 –überbelegte Schulen sowie die von den Medien angefeuerte Debatte um Sicherheits- und Migrationspolitik vor. Letzteres bietet sich ja hervorragend an, um gleich zumindest einen Sündenbock zu haben. Einen Vorschlag hat er dafür: „...die Steuerung von Flüchtlingszugängen und eine konsequente Rückführung Ausreisepflichtiger“.
Doch dann wird Klartext geredet: zur Stärkung der Wirtschaft und zur inneren und äußeren Sicherheit braucht es „„...ein Bewusstsein dafür, dass weniger Versprechen und dafür mehr Einhalten ein wichtiger Beitrag für das Vertrauen in den Staat sind“, und „zu dieser Wahrheit gehöre auch, dass der Wohlstand, von dem wir gesellschaftlich heute zehren, gerade nicht mit einer Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich erwirtschaftet wurde.“
Dazu passt „weniger Einzelfallgerechtigkeit und mehr Eigenverantwortung.“ Wobei die Eigenverantwortung dahin führt, die Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen als gemeinschaftliche Verantwortung zu sehen.
Deshalb also der offene Brief. Die Verteilung der 100 Milliarden auf die Kommunen sollen bewusst in die Unternehmen investiert werden, und das unter wohlwollendem „Verständnis“ und gesteigerter Verzichtsbereitschaft der Massen.
Dabei ist sich Jäger voll bewusst, dass die Vernichtung der Arbeitsplätze, die steigende Arbeitslosigkeit, die Kürzung des Budgets fürs Bürgergeld um 1,5 Milliarden, die Diskussion um den Wegfall der Pflegestufe 1 wie auch die geplanten Kürzungen bei der Kranken- und Pflegeversicherung und all die weiteren geplanten Kürzungen bei den Sozialsystemen die Massen zunehmend in Widerspruch bringt. So plant allein das Regierungspräsidium Karlsruhe Streichungen bei den Sozialsystemen um 70 Millionen. Ist das der Preis dafür, weiter für den Krieg zu zahlen?
Die erst kürzlich stattgefundenen Kommunalwahlen haben gezeigt, dass wir gut beraten sind, uns gemeinsam gegen die Abwälzung der Lasten zu wehren, dass die Stärkung der „Stabilität dieser Demokratie“ nichts anderes ist als die Stärkung der Macht der Monopole. Die Sorge des Herrn Jäger kann wahrlich nicht unsere Sorge sein!
Zitate aus: Stefan Jäger: Kommunen erfüllen Erwartungen nicht mehr. dpa/lsw
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Gemeindetags-Chef Steffen Jäger: Kommunen erfüllen Erwartungen nicht mehr
Die Kommunen sind auch Sicht des Gemeindetags-Chefs am Anschlag. Das könnte weitreichende Folgen haben. Vor allem ein Thema spielt aus seiner Sicht eine wichtige Rolle.
Steffen Jäger ist um die Stabilität der Demokratie besorgt.
IMAGO/KreativMedia Press)
sta10.02.2025, 08:57 Uhr
GemeindetagKitaplatzRavensburgSicherheitSteffen Jäger
Ravensburg. Gemeindetagspräsident Steffen Jäger sieht die Stabilität der Demokratie in Gefahr, wenn die Politik den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr gerecht wird. „Die Kommunen sind trotz eines riesigen Kraftaufwandes nicht mehr in der Lage, das zu leisten, was die Bevölkerung von ihnen erwartet“, sagte Jäger der „Schwäbischen Zeitung“ ( Ravensburg ). Dabei gehe es etwa um fehlende Kitaplätze, überbelegte Schulen sowie die Sicherheits- und Migrationspolitik.
Appell an neue Regierung
Die neue Bundesregierung müsse die drängenden Herausforderungen insbesondere bei der Wirtschaft und der inneren und äußeren Sicherheit verlässlich und beherzt angehen, sagte Jäger, der auch Hauptgeschäftsführer beim Gemeindetag Baden-Württemberg ist. „Wir brauchen ein Bewusstsein dafür, dass weniger Versprechen und dafür mehr Einhalten ein wichtiger Beitrag für das Vertrauen in den Staat sind“, sagte er. „Zu dieser Wahrheit gehöre auch, dass der Wohlstand, von dem wir gesellschaftlich heute zehren, gerade nicht mit einer Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich erwirtschaftet wurde.“
Konkret forderte Jäger eine bessere Steuerung der Flüchtlingszugänge und konsequentere Rückführung von Ausreisepflichtigen, vor allem von Straftätern. „Das wird auch aus der Bevölkerung an uns herangetragen“, sagte der Verbandspräsident der Zeitung weiter. „Die Bürger erwarten einen handlungsfähigen Staat. Wenn wir nicht in der Lage sind, diejenigen im Fokus zu haben, von denen potenziell eine Sicherheitsgefahr ausgeht, müssen wir uns nicht wundern, wenn die Menschen an den staatlichen Institutionen zweifeln.“
Keine Kapazitäten für ordentliche Integrationsarbeit
Für Städte, Gemeinden und Landkreise gehe es in erster Linie nicht um die Frage, wie die Zugangszahlen am heutigen Tag sind, sondern darum, wie viele Menschen bereits da sind. „Baden-Württemberg hat in den vergangenen drei Jahren mehr als 300.000 Geflüchtete aufgenommen, das ist einmal knapp die Stadt Mannheim oder einmal der Landkreis Konstanz“, machte Jäger deutlich. Dass die täglichen Zugangszahlen zuletzt sanken, löst die Problematik auf kommunaler Ebene laut Jäger noch nicht.
Viele der Geflüchteten lebten nach wie vor in Gemeinschaftsunterkünften, weil es an Wohnraum fehle. „Wie soll unter diesen Bedingungen eine gelingende Integration möglich sein? Das können die Kommunen nicht mehr leisten“, sagte er. Zudem gäbe keine Kapazitäten mehr für eine ordentliche Integrationsarbeit. Ferner mangele es an finanzieller Unterstützung vom Bund für die Kommunen. (dpa/lsw)